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Das Neuste von Save me Konstanz
Von Claudia Rindt
Draußen drängen sich die Flüchtlinge, drinnen müssen Helmut Luz, Thomas Franz, Britta Kressin und Horst Schließer die Arbeit verteilen. Die ehrenamtlich betriebene Radwerkstatt für Flüchtlinge von Save me erlebt einen Ansturm wie kaum zuvor. Ausgerechnet in dieser Lage fallen bewährte Kräfte aus. Ohne neue Schrauber, die sich freiwillig engagieren, sei die Arbeit nicht mehr zu bewältigen, sagt Koordinator Helmut Luz.
In der Radwerkstatt von Save me werden gebrauchte Räder flott gemacht, und zum kleinen Preis verkauft. Kinderräder sind ab 5 Euro zu bekommen, die für Erwachsene ab 10 Euro, der Verkaufsschnitt liegt zwischen 20 und 35 Euro. Selbst verkaufte Räder repariert die Radwerkstatt auch, aber nur diese, denn sie wollen ja keine Konkurrenz zum Radhandel sein. Am Anfang stand der Gedanke: Jeder Flüchtling soll in Konstanz mobil sein. Seit Frühjahr 2015 funktionierte dieser Service, doch nun bahnt sich eine Krise an.
„Wir werden überrannt. Wir haben mehr instand gesetzt und verkauft als in den Jahren vorher“, sagt Helmut Luz. Seit dem Jahr 2017 seien hier rund 1500 Räder verkauft und viele repariert worden. Sie kamen als private Spenden oder als nie abgeholte Fundräder vom Bürgerbüro zur Save-me-Werkstatt. Kinderräder bekämen sie nur ganz selten, würden aber dringend benötigt. Vorrangig allerdings sei: Es werden neue Helfer gesucht.
Wer gern schraube und ein bisschen technisches Verständnis habe, komme in der Regel auch mit Rädern klar, sagt der 72¦ ahre alte Helmut Luz. Er selbst war als gelernter Elektro-Ingenieur zur Radwerkstatt gekommen. Britta Kressin war auf Radreisen, und kennt sich deshalb auch mit der Reparatur des Vehikels aus. Die 32-Jährige sagt: „Licht, Reifen, Bremsen. Das Wesentliche kann ich.“ Mit dem Rad bewege man sich in Konstanz am besten fort, und sie trage gern dazu bei, dass Flüchtlinge am Leben in der Stadt besser teilhaben können. Zudem sei das Team nett, ebenso die Sitzungen im Anschluss der Arbeit.
„Das ist eine sinnvolle Aufgabe“, sagt auch Thomas Franz. In Rente alle Viere von sich zu strecken, sei für ihn nicht in Frage gekommen. Der 69-Jährige kam als Maschinenbau-Ingenieur und einer zusätzlichen technischen Ausbildung in die Radwerkstatt. „Ich weiß, wie man ein Gewinde schneidet.“ Mit Rädern habe er bisher nicht so viel zu tun gehabt, aber alles, was er nicht wisse, frage er die Kollegen, oder erarbeite sich über Filmdarstellungen im Internet. Das Arbeiten in der Werkstatt habe ihm immer gefallen. „Das ist kein Stress.“ Und hinterher säßen die Helfer auch gern mal zusammen. „Doch jetzt kommen wir nicht mehr hinterher.“ Zu viele Flüchtlinge benötigten ein Rad für die Arbeit, für die Schule, für Alltagswege. Und die Werkstatt, die einen Teil der Miete aus dem Verkauf der Räder, der Ersatzteile und Spenden tragen muss, steckt in Schwierigkeiten.
Horst Schließer hilft beim Organisieren und Ausschlachten der Räder. Der 67-Jährige sagt selbst, von Monteursarbeiten habe er wenig Ahnung. Aber er hatte die Idee zur Gründung der Werkstatt. Aus seinen Unterlagen geht hervor: Immer wieder verzeichnete die Radwerkstatt einen Schwund von Helfern und einen Wandel in der Struktur der Freiwilligen. In den Anfängen hatte die Radwerkstatt vor allem Helfer, die noch voll im Berufsleben standen. Manche ließen wegen der Gründung einer Familie oder berufliche Herausforderungen die ehrenamtliche Tätigkeit ruhen. Manche zogen auch an einen anderen Ort. Heute sei das Team der Schrauber geprägt durch Menschen, die in Rente sind, aber auch mit Alter und Krankheiten kämpfen. Einer der ältesten Helfer war nach Angaben des Teams der Radwerkstatt 93 Jahre alt. Horst Schließer und seine Mitstreiter suchen nun neue Helfer für die Werkstatt in der Hans-Thoma-Straße 2 bis 4.
Bürokratische Hürden
Auch an anderen Stellen der Flüchtlingsarbeit von Save me sind dringend ehrenamtliche Helfer gesucht, etwa in der Einzelbetreuung oder in den Sprachkursen, sagt Thomas Franz. Er war über die Radwerkstatt zum Netzwerk für Flüchtlinge Save me gekommen. Seitdem hat er einiges bewegt. Als die Schulen wegen der Pandemie mit dem Coronavirus geschlossen waren, organisierte unter anderem er Spenden von Laptops und deren Verteilung an Schüler. „Wir haben fast 70¦Laptops ausgegeben.“ Er betreute einzelne Flüchtlinge, begleitete sie zu Ämtern und half ihnen, eine Ausbildungs- und Arbeitsstelle zu finden, darunter in der Pflege. Er und Helmut Luz, der ebenfalls einzelne Flüchtlinge betreute, berichten von massiven bürokratischen Hürden. Helmut Luz berichtet darüber hinaus, dass Flüchtlinge bis zu 1000 Euro zahlen müssten, bis ihre Papiere vollständig seien. Die teilweise notwendige Beschaffung von Urkunden in den Heimatländern, die Übersetzungen und die Fahrten zur Botschaft seien teuer.
Britta Kressin hilft schon in der Radwerkstatt für Flüchtlinge. Bild: Claudia Rindt
Horst Schließer (v. li.), Thomas Franz und Helmut Luz suchen dringend Unterstützung von ehrenamtlichen Schraubern in der Radwerkstatt für Flüchtlinge. Diese warten im Hintergrund darauf, dass der Laden in der Hans-Thoma-Straße öffnet. Bild: Claudia Rindt